Mit Muskelkater trainieren? Trainingspause oder weitertrainieren?

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Aktualisiert am 16.02.24
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Wenn nach einem harten Leg Day das Treppengeländer zur Gehhilfe wird und sogar das Aufstehen von der Toilette eine Qual ist, hat man als Sportler mal wieder ein ungeliebtes Haustier zu Gast: den Muskelkater. Ob als lästig angesehen oder als Bestätigung für effektives Training – das Verhältnis von Sportlern zu diesem Thema ist eine Art Hass-Liebe. Doch was bedeutet Muskelkater, welche Hausmittel helfen, ihn schnell los zu werden und wie beugt man effektiv dagegen vor?

Was ist Muskelkater und wie entsteht er?

Als Muskelkater bezeichnet man, physiologisch gesehen, sogenannte Mikrotraumata, also Risse in der Muskelfaserstruktur auf Zellebene, die durch ungewohnt hohe oder lange Belastungen und starke Dehnung eines Muskels entstehen. Diese mikroskopischen Schäden im Muskel verursachen oft Wassereinlagerung und Entzündungsreaktionen, was sich in den ersten 1 bis 2 Tagen nach der Belastung in den allseits bekannten Symptomen des Muskelkaters äußert: Bewegungs- und Druckschmerz, Steifigkeit und Verspannung sowie verringerte Leistungsfähigkeit. 

Muskelkater ist also eine tatsächliche Verletzung der Muskulatur, genau genommen eine Überlastungserscheinung, die besonders dann vorkommt, wenn hochintensive, neue Reize auf die Muskulatur wirken. Immer dann also, wenn sich der Körper erst daran gewöhnen muss, zum Bespiel, wenn jemand neu mit dem Training beginnt, nach längerer Pause wieder einsteigt oder die Sportart gewechselt hat. Auch neuartige Übungen im Training können bereits diesen Effekt haben, denn eine große Rolle bei der Überlastung von einzelnen Muskelfasergruppen spielt die sogenannte intramuskuläre Koordination: Ist eine Bewegung ungewohnt und intensiv, spielen die einzelnen Einheiten innerhalb eines Muskels noch nicht optimal zusammen, was schnell dazu führt, dass einige Teile davon überlastet werden.

Was hilft gegen Muskelkater?

Frau am Dehnen im Fitnessstudio
Dehnung der Muskeln ist eine Möglichkeit den Muskelkater zu behandeln bzw. los zu werden.

Grundsätzlich stimuliert Muskelkater die Hypertrophie, also das Wachstum eines Muskels, hinterlässt keine bleibenden Schäden und verschwindet nach maximal einer Woche von ganz allein – soweit die gute Nachricht. Doch der Körper braucht dabei in erster Linie Zeit und Ruhe, um das beschädigte Gewebe zu reparieren. Ein Wunderheilmittel zur schnellen Behandlung von Muskelkater gibt es (bisher) also nicht. 

Gewisse Tipps und Hausmittel aber können helfen, den Schmerz zu lindern und die Regeneration des Muskels zu beschleunigen. Denn wer schnell regeneriert, kann bald wieder Trainingsreize setzen und baut somit schneller Kraft und Muskeln auf. 

Empfehlenswert ist bei Muskelkater daher sanftes Training, zum Beispiel lockeres Radfahren oder eine leichte Krafteinheit, die die betroffenen Regionen nicht übermäßig belastet. Denn Bewegung erhöht die Durchblutung der Muskulatur und regt den Stoffwechsel in den zu reparierenden Zellen an. Auch vorsichtiges, statisches Dehnen und Wärmebehandlung, zum Beispiel mithilfe eines heißen Bades oder warmer Umschläge, können zur Lockerung des Muskels beitragen und dadurch die Schmerzen erträglicher machen. 

Als wirkungslos und nicht regenerationsfördernd haben sich dagegen Massagen und Kältebehandlung, etwa in Form von Eisbädern und Kryotherapie, erwiesen. Auch der übermäßige Verzehr von tierischem Eiweiß „zur Regeneration“ hat eher einen gegenteiligen Effekt, da Fleisch- und Milchprodukten nachgewiesen wurde, entzündungsfördernde Substanzen zu enthalten, die den Heilungsprozess des Gewebes verlangsamen. 

Regenerationsfördernd sind hingegen entzündungshemmende Pflanzenstoffe aus frischem Obst, Gemüse (u.a. Zwiebel) und Kräutern, außerdem bestimmte Enzyme aus Pflanzen wie Ananas und Papaya, und einfach gesättigte Fettsäuren wie man sie beispielsweise in Olivenöl findet. Für Muskelregeneration spielt zudem besonders die Aminosäure Lysin eine entscheidende Rolle. Gute Lysinlieferanten sind etwa Haferflocken, Tofu und Fisch. 

Mit Muskelkater trainieren

Muskelkater Training Schmerzen
In den meisten Fällen kann mit Muskelkater trainiert werden. Es gibt jedoch auch Ausnahmen in denen darauf verzichtet werden sollte.

Ob die Muskulatur ein weiteres, intensives Krafttraining wegstecken kann, hängt vor allem von der Schwere der bereits vorhandenen Beschädigung ab: Wer am Tag nach einem Training nur ein leichtes bis mittelschweres Ziehen verspürt, kann ungehindert einen weiteren Trainingstag dranhängen, um den Hypertrophieeffekt noch zu verstärken. 

Beim Trainieren mit Muskelkater ist allerdings sorgfältiges Aufwärmen besonders wichtig, da vorgeschädigte Muskulatur unter Umständen anfälliger für ernsthafte Schäden wie Muskelfaser- oder Muskelbündelrisse ist. Außerdem sollte klar sein, dass dem Muskel an einem solchen Tag keine 110% Leistung abverlangt werden können – der Versuch, eine neue Bestleistung aufzustellen, muss also noch ein paar Tage warten. 

Wenn wir von einem „Jahrhundert-Muskelkater“ sprechen, bei dem sich Lachen wie ein Dolchstich in den Bauch anfühlt, die Waden kein schmerzfreies Gehen mehr zulassen und man im Büro sogar ausnahmsweise den Aufzug nimmt, um die mitleidigen Blicke der Kollegen beim Treppensteigen mit Oberschenkelmuskelkater zu vermeiden, braucht der Körper tatsächlich Ruhe. Wer mit massivem Muskelkater trainiert, verlängert nicht nur die Erholungszeit, sondern riskiert dauerhafte Schäden durch gefährliche Fehlbelastung, da der Körper bei Verletzungen automatisch schmerzhafte Bewegungen zu vermeiden versucht. Das kann schnell in unsauberer Ausführung der Übungen resultieren und somit dem Ziel des nachhaltigen Muskelaufbaus entgegenwirken. 

Muskelkater vorbeugen

Um Muskelkater möglichst von Beginn an zu vermeiden, empfiehlt es sich, seine Magnesiumaufnahme im Auge zu haben sowie vorsichtig an neuartige Belastungen heranzugehen und die Belastung erst nach und nach zu steigern. Ein Ratschlag zur Vorbeugung, der durchaus Sinn macht, vor allem weil es nicht nur Muskeln sind, die sich an neue Belastungen gewöhnen müssen, sondern auch Sehnen, Bänder, Knorpel und sogar Knochen den Anforderungen eines regelmäßigen, harten Trainings erst gewachsen sein müssen. Da diese genannten Bestandteile des passiven Bewegungsapparates allerdings ein Vielfaches der Zeit eines Muskels zur Anpassung benötigt, wir sprechen hier von Monaten bis Jahren, ist die Gefahr groß, dass die Beschädigung weit mehr als nur das -relativ einfach zu reparierende- Muskelgewebe betrifft. 

Dennoch lässt sich dem Muskelkater nicht immer vorbeugen: Egal wie viel Gewicht ein Kraftsportler beim Kniebeugen oder in der Beinpresse bewegt, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er oder sie nach einem Marathon oder beim Urlaub in den Bergen am Tag nach einem steilen Abstieg mit böse schmerzenden Beinen erwacht. 

Somit gilt ganz nach dem Motto „Augen zu und durch“: der beste Weg, schmerzhaften Muskelkater zu vermeiden, ist, ihn bei einer Bewegung schon einmal erlitten zu haben. Durch zunehmende intramuskuläre Koordination und stabileren Wiederaufbau des beschädigten Gewebes passt sich der Körper schrittweise an die bestimmte Bewegungsform an, was sich schon bald in einer höheren Belastbarkeit und schnelleren Regenerationsfähigkeit widerspiegelt. 

Vielseitigkeit und Regelmäßigkeit im Training, ausreichend Magnesium sowie Geduld sind daher die besten Ratschläge gegen Muskelkater.

Anfällige Muskelgruppen

Besonders anfällig für Muskelkater sind zum einen Muskelgruppen, die im Training gerne vernachlässigt werden, und zum anderen eine große Bewegungsamplitude haben. Bestes Beispiel hierfür sind die Muskeln der Oberschenkelrückseite: Der kräftige Quadrizeps, ein von Haus aus starker Muskel, der bereits im Alltag regelmäßig gefordert ist, spielt bei vielen Kraftübungen wie Kniebeugen, Kreuzheben und Lunges eine entscheidende Rolle. Sein Gegenspieler jedoch, der Beinbeuger (oder auch biceps femoris), ist von Natur aus weniger stark ausgeprägt und wird auch im normalen Leben selten in seiner ganzen Länge benutzt. Er muss daher, um ein gesundes muskuläres Gleichgewicht herzustellen, in speziellen Übungen trainiert werden. 

Neben Muskelkater neigt diese Muskelgruppe aber auch zu Krampfanfälligkeit, was das Training zusätzlich erschwert. Hierbei kann es helfen, auf eine ausreichende Magnesiumaufnahme zu achten und die Muskeln regelmäßig zu dehnen

Fazit 

Egal ob man ihn liebt oder hasst, Muskelkater ist im Muskelaufbauprozess nicht nur kaum vermeid- und behandelbar, sondern kann sogar einen wichtigen Wachstumsreiz für den Muskel darstellen. 

Dennoch lohnt es sich Muskelkater möglichst zu vermeiden, da so innerhalb eines Zeitraums häufiger Trainingsreize auf einen Muskel gesetzt werden können, was sich langfristig als der effektivere Weg zum Muskelaufbau auszeichnen wird. 

Quellen:
Wessinghage T., Feil W., Ryffel J., Sportverletzungen von A–Z: Gesundheitscoach. Stuttgart: Haug, 2009
Böning, Dieter. (2000). Muskelkater. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin. 51. 63-64.


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